Doppeldomizil - Wohnsitz in zwei Ländern
Das Thema Doppeldomizil ist eine Problematik, die sich mehreren Personengruppen stellt. Hier seien die Wochenpendler zuerst genannt, aber auch Rentner mit zwei Wohnsitzen, Studenten oder andere können betroffen sein.
Zum Doppeldomizil ist grundsätzlich zu sagen, dass bei Bürgern und Behörden der Wohnsitz und somit die Rechtsfolgen am gemeldeten Wohnsitz festgemacht werden.
Behörden wünschen sich gerne eine einfache Sachbearbeitung und Bürger sind nicht immer abgeneigt, das Melden von Wohnsitzen gestalterisch einzusetzen, was oft zu Problemen führt.
Tatsächlich aber unterscheiden sowohl die Verordnung EG 883/2004 bzw. EU 987/2009 als auch das Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen Deutschland und Dänemark und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) sehr wohl den faktischen Wohnsitz als Lebensmittelpunkt (Centret for livsinteresser) und einen oder mehrere eventuell gemeldete Wohnsitze.
Warum Doppeldomizil?
Zweitwohnung in Dänemark, Pendler aus Deutschland
- Vermieter verlangen oft den Eintrag im Zentralen Personenregister (CPR), sonst gehen sie keinen Mietvertrag ein
- Telefongesellschaften/Internetanbieter verlangen den Eintrag, sonst verweigern sie die Leistung
- Stromanbieter verlangen den Eintrag ins CPR
- Andere, da auch gewerbliche Anbieter Zugang zum CPR haben (z.B. Anwohnerparken, Zugang zu Bibliotheken)
- Wohnpflicht für Wohnungen, z.B. in Kopenhagen in einigen Wohnungen, die eine Anmeldung erfordert, da man die Wohnung sonst nicht bekommt.
Zweitwohnung in Deutschland, Pendler aus Dänemark
- Anmeldung des Wohnsitzes ist gesetzlich vorgeschrieben, somit sind andere Gründe irrelevant. Bundesmeldegesetz, § 17 Absatz (1)
Problemfelder im Einzelnen
Anmeldung in Dänemark
Das zuständige dänische Ministerium hat dem Regionskontor & Infocenter auf Anfrage mitgeteilt, dass es für Grenzpendler keine Pflicht gibt, einen Wohnsitz anzumelden, dass sie aber das Recht dazu haben. Hier kommt es dann zu dem Problem, dass die Wohnsitzanmeldung beim Borgerservice eine EU-Freizügigkeitsbescheinigung erfordert, die man nur bekommt, wenn man sich in Dänemark aufhält (sog. gewöhnlicher Aufenthaltsort gem. VO (EG) 883/2004 im Gegensatz zum vorübergehenden Aufenthalt).
Behörden
Die Mitarbeiter des Borgerservice der Kommunen verlangen oft eine Abmeldebescheinigung aus Deutschland, um den Eintrag vorzunehmen. Das betrifft vor allem die vielen Hauskäufer und Umsiedler, da hier besonders gefordert ist, dass diese ihren Wohnsitz in Dänemark nehmen, da sie nur dann zum Erwerb berechtigt sind.
Da man in Dänemark selber nur einen Wohnsitz haben kann, egal wie viele innerhalb Dänemarks zur Verfügung stehen, unterstellen die Mitarbeiter dies automatisch auch in grenzüberschreitenden Situationen.
Selbstverständlich können Unionsbürger innerhalb der Union verschiedene Wohnsitze haben. Da Deutschland die Meldung gesetzlich fordert, wenn ein Wohnsitz zur Verfügung steht, muss dieser auch gemeldet sein. Das gilt auch für Deutsche, die ein Haus kaufen und nach Dänemark ziehen, aber ihre Wohnung in Deutschland trotzdem behalten.
Das Gleiche gilt aber auch für deutsche Behörden, die von Dänen eine Abmeldebescheinigung fordern, wenn sie einen Wohnsitz anmelden wollen. Auch diese Erkenntnis stammt aus der Beratungspraxis. Hier spielt auch die Regel mit hinein, dass die Wohnsitze in Deutschland numerisch sortiert sind, also erster, zweiter usw. Bei einem Wochenpendler aus Dänemark kann man dann keinen zweiten Wohnsitz eintragen, weil ohne ersten Wohnsitz kein Zweitwohnsitz begründet werden kann.
Dabei wird das Problem geschaffen, dass die betroffenen Bürger für eine gewisse Zeit ohne festen Wohnsitz sind, was zu erheblichen Problemen bei Steuerpflicht, Sozialversicherung und Sozialleistungen führt.
Steuern
Laut DBA Deutschland – Dänemark ist man am Wohnsitz unbeschränkt steuerpflichtig, und zwar mit dem Globaleinkommen. Auch hier machen Behörden die Steuerpflicht am Wohnsitz fest. Der Wohnsitz ist aber der Lebensmittelpunkt (centret for livsinteresser), falls wirtschaftlicher und privater Lebensmittelpunkt auseinanderfallen, was man beim Grenzpendler grundsätzlich unterstellen muss, da es in der Natur der Sache liegt, überwiegt der private Lebensmittelpunkt.
Bei der Einkommensteuer gibt es in der Praxis kaum Probleme, es kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass plötzlich beide Länder das Welteinkommen besteuern wollen.
Ebenso gibt es Probleme bei der dänischen Kraftfahrzeug-Zulassungsteuer (Registreringsafgift). Es ist durchaus möglich, dass Skattestyrelsen bzw. seine Vorgängerbehörde entschieden hat, dass ein Bürger nur beschränkt steuerpflichtig ist, also wohnhaft in Deutschland („hjemmehørende til Tyskland“) ist. Dies hindert die gleiche Behörde, jetzt aber ehemals Motorkontor oder heute Motorstyrelsen, nicht daran, jemanden gleichzeitig als wohnhaft in Dänemark („hjemmehørende til Danmark“) einzustufen.
Bei Kontrollen gibt es auch das Problem, dass Kontrollbeamte aufgrund des gemeldeten Wohnsitzes in Dänemark automatisch von einem Wohnsitz in Dänemark ausgehen. Es kommt auch zum Beschlagnahmen des KFZ mit massiven Folgen.
Sozialversicherung
In der Beratungspraxis sind Probleme aufgrund des Wohnsitzes bei der Sozialversicherung eher selten. Wenn sie auftauchen, dann, weil die Betroffenen selbst gestalterisch mit den Wohnsitzen tätig waren und bei angestrebtem Leistungsbezug keinem Sozialversicherungssystem mehr zuzuordnen sind.
Es kann jedoch in Einzelfällen dazu kommen, dass Udbetaling Danmark die Ausstellung der Urkunde E 106 / S1 verweigert, da der Bürger in Dänemark gemeldet ist.
Sozialleistungen
Sozialleistungen werden einzig nach nationalen Rechtsvorschriften und einzig am Wohnort festgemacht. Sozialleistungen sind nicht exportierbar, sind nicht von der VO EG 883/2004 erfasst. Wenn es zwei Wohnsitze gibt und nicht klar festgelegt ist, welches der eigentliche Lebensmittelpunkt ist, kann es hier Probleme geben. Erfahrungsgemäß nicht, weil der Bürger dann doppelt versorgt wird, sondern weil jeder Träger den anderen als zuständig erachtet und der Bürger überhaupt keine Leistungen bekommt.
Bestimmung des Wohnsitzes bei Doppeldomizil
Rechtsgrundlagen zur Bestimmung des Wohnsitzes einer Person u.a. EuGH Rechtssachen C-297/89, C-262/99, VO EG 987/2009 Art. 11.
Der Wohnsitz ist anhand aller prüfbaren Umstände festzumachen, als da sind (nur Beispiele, nicht erschöpfend)
- Größe der Wohnung
- Eigene Möbel oder möbliert
- Mitgliedschaften in Vereinen
- Mitgliedschaft Sportstudio
- Ehrenamtliche Tätigkeit wie Politik/Feuerwehr/THW/hjemmeværnet/Sportverein etc.
- Freundeskreis
- Freizeitgestaltung allgemein
- Bei Studenten die Einkommensquellen
- Alles andere, das geeignet ist
Bei Nichterwerbstätigen Personen, wie z.B. Rentnern mit zwei Wohnsitzen, kann der Wohnsitz dort festgemacht werden, wo sie sich im Jahr am meisten aufhalten.
Bei Studenten ist der Wohnsitz oft das Land, aus dem sie ihr Einkommen beziehen (außer bei der dänischen KFZ-Zulassungsteuer, dänische Sonderregel).
Oder, wenn das alles zu keiner Entscheidung führt, ist die Ansicht des Bürgers selber, wo er sich privat zugehörig fühlt, heranzuziehen.
Bei jeder geplanten Veränderung der Wohnsituation ist eine individuelle Beratung dringend zu empfehlen.
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